Zeltlager der Pfadfinder

Die Assyrer und das Pfadfindertum? Orientalische Rhythmen, würziges Essen und tanzende Mengen – zwischen drin ein paar Pfadfinder … funktioniert!

Als der AJM sich im letzten Jahr durch die eigenen jungen Geflüchteten über das Pfadfindertum informierte, gab es oft ganz große Augen von Kollegen, so ging es auch Kollegen aus der Jugendverbandsarbeit.

Assyrer, darunter stellt man sich meistens die orientalischen Rhythmen vor, das gute würzige Essen und immer tanzende Mengen – und dazwischen soll es Pfadfinder aus den Heimatländern der Assyrer geben?! Hört sich merkwürdig aber gleichzeitig auch spannend an.

Tatsächlich, es ist eine absolut spannende Kombination, die auch wir, die jungen Assyrer*innen in Deutschland nicht kannten. Als Verband leisten wir diverse Maßnahmen in der Jugendverbandsarbeit, aber hatten bis dato mit dem Pfadfindertum nichts am Hut. Nur einige AJMler lernten Pfadfinder durch die Heimatreisen kennen. Die Idee mit nach Deutschland zu nehmen war allerdings kein fester Gedanke.

Zumindest nur einer nahm den Gedanken mit nach Hause, Sanharib Simsek, Geschäftsführer des AJM. Es blieb aber nur bei dem Gedanken, der weit weg erschien, doch der durch die Ankunft junger Assyrer*innen in den letzten Jahren zu einer Herausforderung im positiven Sinne wurde.

Die Tätigkeiten von Assyrer_innen aus der Heimat haben hier die Jugendverbandsarbeit bereichert und dem gesamten Verband neue Wege aufgezeigt. Wie integriert man junge Geflüchtete mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen, welche sie mit in ihre neue Heimat bringen?

Genau diese bunte Vielfalt macht den AJM aus, dass man Jugendverbandsarbeit breit gefächert anbietet und damit ein Sprachroh für alle Belange junger Assyrer*innen in Deutschland schafft.

Letztes Jahr startete bundesweit der Aufbau von Pfadfindergruppen in einigen Jugendgruppen des AJM, was den Jugendverband bis heute sehr bereichert.

Auch der AJM-Landesverband Bayern hielt sich nicht lange mit der Idee zurück und entschloss sich ehemaligen Pfadfinder eine Plattform zu bieten in Deutschland aktiv zu werden. So erhielt der AJM-Bayern durch ein Projekt über den BJR die Möglichkeit eine Pfadfindergruppe zu gründen und professionell zu etablieren.

Die Boduqe Dolabani haben sich Ende Oktober 2016 zu einer festen Gruppe mit einem gewählten Vorstand gegründet. Sie sind treue Begleiter in der Jugendverbandsarbeit und kooperieren mit verschiedenen anderen Verbänden im Bereich des Pfadfindertums und schaffen neue Wege der Integration und interkulturellen Öffnung.

So lud die Gruppe vom 08.-10.06.2017 zum ersten Zeltlager für Jugendleiter*innen ein. Das Ziel war sich mit Pfadfinder*innen aus einem anderen Verband auszutauschen, Ideen zu sammeln und miteinander Kooperationen zu schaffen, die es so noch nicht gegeben hat.

Zwei Mitglieder der DPSG Jugend Augsburg ließen sich diese einmalige Chance nicht entgehen und leiteten einen ganzen Tag lang die Gruppe auf dem Zeltlager Rücklenmühle bei Augsburg.

Nervös und aufgeregt waren alle Teilnehmer am Samstag, da keiner so richtig wusste, was einen erwarten wird, mit wem man es zu tun hat und ob man überhaupt einen gemeinsamen Dialog finden wird. Nach nur wenigen Minuten herrschte schon eine herzliche Stimmung und die assyrischen Pfadfinder*innen lauschten mit hohem Interesse den beiden DPSGlern zu.

Eine große Beteiligung machte sich auf, jeder wollte mitsprechen, mitdiskutieren und über seine Erfahrungen berichten. Strukturen wurden, die Bedeutung der Kluften und diverse andere Dinge, die einen Pfadfinder so ausmachen, wurden einander vorgestellt. Der Tag verlief in einer sehr freundlichen und freudigen Atmosphäre, sodass man gar nicht mehr nach Hause wollte.

Die Gruppe, die zu Beginn getrennt anreiste, war am Ende des Tages eine große Pfadfinderfamilie. Kontakte wurden noch direkt vor Ort ausgetauscht. Die assyrischen Pfadfinder sind angekommen, angekommen in einer Welt, die sie kennen und ausleben, mitten unter Gleichgesinnten, in der alle dieselbe Sprache sprechen, ganz egal woher man kommt.

Zum Ende des Tages bemalten alle Teilnehmer*innen ihre weißen T-Shirts mit allen Namen, dem Pfadfinderlogo und den Verbänden, die dieses Treffen möglich gemacht haben.

Bei der internen Reflexion der Boduqe Dolabani mit der Projektmitarbeiterin Tigris Demir, war eines ganz klar zu spüren, erinnert sich Tigris: Glück, Stolz und Hoffnung, das war in den Augen jedes einzelnen abzulesen.

Sie sind so energisch sich zu entfalten, mit anderen Gruppen zu kooperieren und sich in Deutschland mit ihren eigenen Fähigkeiten eine neue Pfadfinderfamilie aufzubauen.

Zur Krönung des tollen Workshop – Wochenende ging es noch zum interkulturellen Fest nach Königsbrunn, bei der die Boduqe Dolabani ihr Talent zeigen konnten und mit ein paar gemeinsamen Tänzen die Menschen aus allen Kulturen miteinander verbanden.

Der AJM unterstützt und fördert die Gründung von eigenen Pfadfindergruppen und ist sehr stolz darauf, so eine starke integrierte Jugend in Deutschland zu haben, die ohne Scheu voranschreitet und die interkulturelle Arbeit bereichert.

Wir freuen uns über die Kooperation mit unterschiedlichen Pfadfindergruppen und hoffen das Pfadfindertum weitgehend zu einem weiteren Hauptaufgabenfeld des AJM zu festigen.

Tigris Demir

Projektmitarbeiterin „Potential Vielfalt“
AJM – Landesverband Bayern e.V.